Am 30.04.2014 wurde in der Aula der Martin-Segitz-Schule für anderthalb Stunden eines der dunkelsten Kapitel der jüngeren deutschen Geschichte greifbar. Fünf Schulklassen, dutzende Lehrkräfte und Herr Heckel von der SpVgg Greuther Fürth lauschten interessiert einem Vortrag von Birgit Mair vom Nürnberger Institut für sozialwissenschaftliche Forschung, Bildung und Beratung (ISFBB) e.V.
Zuvor erinnerte Schulleiter OStD Zimpel in seinen einführenden Worten daran, dass die Aufnahme ins Schülernetzwerk „Schule mit Courage – Schule ohne Rassismus" vor genau vier Jahren keinesfalls als bloße Auszeichnung für die BIII, sondern vielmehr als Selbstverpflichtung zu verstehen sei, Verantwortung für ein offenes Klima an der Schule zu übernehmen.
Im Anschluss richtete Herr Bürgermeister Braun das Wort an die Zuhörerschaft, betonte die enge Zusammenarbeit mit der Martin-Segitz-Schule und lobte den persönlichen Charakter der NSU-Ausstellung, die - statt lediglich blanke Fakten zu nennen - das Hauptaugenmerk auf die Geschichte der betroffenen Menschen richte und somit das theoretische Konzept der „Schule ohne Rassismus" ganz praktisch mit Leben erfülle.
Birgit Mair informierte in den folgenden 60 Minuten chronologisch über die Verbrechen des nationalsozialistischen Untergrunds; über die Finanzierung durch mindestens 16 bewaffnete Banküberfälle, den ersten aus blindem Fremdenhass motivierten Mord an Enver Şimşek im Jahr 2000 bis zum Anschlag auf zwei Polizeibeamte, bei dem Michelle Kiesewetter im April 2007 regelrecht hingerichtet wurde. Auch vom Kölner Nagelbombenanschlag 2004, dem geschmacklosen Bekennervideo und der im mutmaßlichen Selbstmord von Böhnhardt und Mundlos endenden Endtarnung des NSU wusste Mair zu berichten. Doch der Vortrag ging weit über ein Aufzählen von Fakten hinaus. Frau Mair verstand es, das Auditorium mit den Opfern mitfühlen zu lassen sowie Abscheu und Fassungslosigkeit angesichts der Morde zu empfinden, indem Sie die Schlaglichter auf die Biographien aller Opfer warf und deren Ermordungen in Details beschrieb, die seinerzeit der Presse meist nicht zu entnehmen waren. Doch auch die aus heutiger Sicht nicht nachvollziehbaren, peinlichen Pannen bei der Ermittlung, die den Eindruck vermittelten, in deutschen Behörden sei man „auf dem rechten Auge blind" (gewesen), beleuchtete die Hauptreferentin en détail.
„Wichtig ist, dass man nicht aufhört, zu fragen". Mit diesem Zitat einer Tochter eines der Opfer, das sie auch als Appell an die Zuhörer verstanden wissen wollte, schloss Birgit Mair ihren bewegenden Vortrag und stellte sich den Fragen der Zuhörer.
Die sich anschließende rege Diskussion drehte sich v.a. um die fragwürdige Rolle des Verfassungsschutzes und diverse haarsträubende Ermittlungsfehler. Auch zum Verlauf des NSU-Prozesses gab Frau Mair gerne Auskunft.
Die Ausstellung kann bis zum 06.06.2014 in der Aula besucht werden. Der Begleitband zur Ausstellung ist für € 5 bzw. € 4 (Schülerpreis) im Sekretariat erhältlich.