Morbus Mittelmaß? Bildungskatastrophe? PISA-Schock 2.0? Die deutsche Bildungspolitik sorgt in jüngster Vergangenheit vor allem für Negativschlagzeilen.
Wettbewerb ist ungesunder Stress? Bundesjugendspiele abschaffen! Die Antwort der Gen-Z? Work-Life-Balance. More Me-Time.
Der geneigte Beobachter kann sich des Eindruckes nicht erwehren, dass allem Elitären etwas Negatives innewohnt: Strebertum. Abgehobenheit. Weltfremdheit.
Wozu sich reinhängen? Wieso nach Höherem streben? Lohnt sich Leistung noch?
Juli 2023, 19:00 Uhr. Durch die bodentiefen Fenster dringt das warme Licht der Abendsonne in die Aula der Martin-Segitz-Schule Fürth. Saftige Sonnenblumensträuße schmücken den luftigen Raum, in dem sich vormittags noch hunderte Azubis in den Pausen tummelten.
Aufgeregtes Gemurmel im „ausverkaufen Haus“. Dann ertönen abgedämpfte Akkorde einer halbakustischen Gitarre und Corinna Schleinkofer beginnt „Lovely Day“ von Bill Withers zu singen. Damit ist die diesjährige Preisverleihung eröffnet.
Aufgeregtes Gemurmel im „ausverkaufen Haus“. Dann ertönen abgedämpfte Akkorde einer halbakustischen Gitarre und Corinna Schleinkofer beginnt „Lovely Day“ von Bill Withers zu singen. Damit ist die diesjährige Preisverleihung eröffnet.
Zunächst tritt Joachim Schneider, ständiger Vertreter des Schulleiters, ans Mikrophon. Mit dem geflügelten Wort Albert Einsteins, „Bildung ist das, was übrigbleibt, wenn man vergessen hat, was man gelernt hat“ beginnt er seine Ausführungen. Er lobt die Preisträgerinnen für Ihr Durchhaltevermögen, dankt aber auch der Verwaltung, den Lehrkräften und den Ausbildenden dafür, dass sie die Schülerinnen die letzten drei Jahre begleitet haben. Abschließend begrüßt Schneider die Delegationen der benachbarten Berufsschulen und die Ehrengäste, welche im Laufe des Abends ans Rednerpult treten werden.
Bürgermeister Braun betont in seiner Rede die aktuelle Situation am Arbeitsmarkt im Allgemeinen und den Fachkräftemangel im Speziellen. Die Absolventen hätten das Glück, auf eine Arbeitswelt zu treffen, die verzweifelt nach jungen Talenten sucht. Die heute zu ehrenden, leistungsfähigen Absolvent*innen hätten die freie Auswahl; man solle jedoch nicht die weniger Leistungsfähigen aus dem Blick verlieren. Unsere Gesellschaft sei auf die Solidarität der Leistungsstarken angewiesen.
Herr Horst Arnold, MdL:
Die Preisträger*innen haben bewiesen, dass sie zur Elite gehören. Sie haben einen hohen Marktwert. Aber wie ist es um die Werte bestellt? Zu Zeiten des Klimawandels und diverser anderer Disruptionen muss die Werteorientierung ein sicherer Anker sein! Sie sollen den nötigen Wandel mitgestalten und sich dabei auf keinen Fall „verbiegen lassen“.
Petra Guttenberger, MdL, hebt in ihrer Laudatio die duale Ausbildung als Erfolgsrezept hervor, für das uns viele andere Länder beneiden. Gerade die Verzahnung von Theorie und Praxis sei unschlagbar. Man wachse persönlich – auch am Zwang, sich in ein betriebliches Umfeld zu integrieren; an guten wie an schlechten Tagen. Sie plädiert in Richtung der „Musterschüler*innen“ für die Rückkehr an die Schule – dann aber als Lehrkräfte, die ihre Fähigkeiten und Fertigkeiten an die nächsten Generationen weitergeben.
Nach einleitenden Gedanken zu starken Frauen in der Fürther Stadtgeschichte spricht der stellvertretende Landrat Franz X. Formann impulsiv und gestenreich die Absolvent*innen direkt an: „Geben Sie etwas zurück! Suchen und finden Sie offene Türen! Zeigen Sie Charakter! Lassen Sie sich nicht verbiegen!“
Matthias Zimpel, OStD
„Das stinkt mir jetzt aber wirklich gewaltig!“ Mit diesem Ausruf beginnt der Schulleiter die Hauptrede des heutigen Festabends. Nach etymologischen, ornithologischen und medizinischen Erörterungen dieser idiomatischen Phrase gibt Zimpel zu bedenken, dass selbst Gestank etwas positives haben könne. Käseliebhaber wüssten, wovon er spricht. Sicher habe es während der Ausbildung einiges gegeben, was den Muster-Absolventen so richtig gestunken hat. Doch bestimmt habe diesen auch einiges gut geschmeckt.
Gesunde und nachhaltige Ernährung sei der Generation Z ja eh sehr wichtig. Oder sind das nur die Vorurteile eines (Baby) Boomers? Kann man während der harten Lehrjahre überhaupt auf seine Gesundheit achten? Jedenfalls sei es – so Zimpel weiter – gerade in solchen Phasen essentiell, etwas zu haben, das einen stärkt; jemanden, der einem gut tut.
Ganz egal, ob man beruflich oder privat mit Rückschlägen zu kämpfen hat – ein gutes Team kann einen auffangen. Sicher haben die jungen Anwesenden von empathischen Mitarbeitenden profitieren können. Als künftige Leistungsträger werden sie bestimmt bald selbst in die Rolle der Mentorin hineinwachsen und „Ihren Spirit versprühen“.
Vom Mentor ist es nicht weit zur Lehrkraft. Wer Freude daran hat, junge Menschen beim Berufseinstieg zu begleiten, kann sich an der WISO in Nürnberg zur Berufsschullehrkraft ausbilden lassen. „Die Martin-Segitz-Schule empfängt Sie mit offenen Armen!“
Doch selbst in diesem Traumberuf ist Resilienz gefragt. Gerade durch bewusste Auszeiten bliebe man, laut Zimpel, widerstandsfähig – bspw. durch einen Spaziergang im Fürther Stadtpark, wo die Müßiggänger sich zur Zeit an einem bunten Meer an wohlduftenden Blumen erfreuen können. In diesem Sinne beendet Herr Zimpel seine olfaktorischen Ausführungen mit dem Wunsch nach einer duftenden Zukunft für alle Anwesenden.
Nach weiteren ätherischen Klängen des Corinna Schleinkofer Duos beginnt dann der Höhepunkt des Abends: Die Verleihung der Preise.
Unter tosendem Applaus der Angehörigen, Lehrkräfte und Ausbilder*innen werden die 21 besten Schüler*innen des Abschlussjahrgangs 2023 auf die Bühne gebeten, wo sie aus den Händen der Laudator*innen ihre Sachpreise und Urkunden entgegennehmen.
Ausgezeichnet mit dem Staatspreis wurden:
- Rilling, Nico
- Dinkel, Alisa
- Dreykorn, Julian
- Brauns, Alwin
Den Stadtpreis erhielten:
- Rödel, Sebastian
- Bölükmese, Mert
- Horn, Paul
- Seeling, Jan Uwe
- Doubrava, Klaus
- Nolte, Nico Quitano
- Schels, Maximilian
- Fischer-Fraas, Heiko
- Teufel, Fabian
- Metzler, Daniel
- Pruchniewski, Gregor
- Müller, Julian
- Domingues, Joao Tiago
Andre - Heberlein, Katja
- Feifel, Leonard
- Tobias, Nicolai
- Netsch. Rainer
Herr Roland Paulus überreicht die Sonderpreise der Elektro-Innung und Franz Forman beendet den offiziellen Part mit der Vergabe der Sonderpreise des Landkreises Fürth.
Anschließend begeben sich alle Beteiligten in den Pausenhof, wo man an diesem lauschigen Abend die letzten Sonnenstrahlen bei Sekt und Häppchen genießt und zwischen Springbrunnen und Pavillon mit den Preisträger*innen die letzten Jahre revuepassieren lässt. In ungezwungener Atmosphäre lauscht so manche Lehrkraft den vielversprechenden Plänen der jungen Talente.
Eins steht am Ende dieses gelungenen Abends fest: An Morbus Mittelmaß kranken weder die Lehrenden und Lernenden der Martin-Segitz-Schule noch die Ausbildungsbetriebe. Leistung lohnt sich und es gibt viele junge motivierte Menschen, die gerne Leistung bringen! Mit dieser Gewissheit können wir voller Zuversicht in die Zukunft blicken.